Updates Zukunftsfinanzierungsgesetz - Fokus Aktien- und Kapitalmarktrecht | McDermott

Updates Zukunftsfinanzierungsgesetz – Fokus Aktien- und Kapitalmarktrecht

Überblick


Das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz haben am 12. April 2023 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – “ZuFinG-E“) veröffentlicht, welcher durch eine Vielzahl
gesellschafts-, finanzmarkt- und steuerrechtlicher Änderungsvorschläge das ehrgeizige Ziel verfolgt, die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts zu stärken und die Attraktivität des deutschen Finanzstandortes auf dem europäischen Finanzplatz zu erhöhen.

Im Folgenden geben wir Ihnen einen ersten Überblick über die zentralen aktienrechtlichen Vorschläge und die für Aktiengesellschaften relevanten kapitalmarktrechtlichen Themen des ZuFinG-E.

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I. Einführung der elektronischen Aktie
Bereits im Koalitionsvertrag angelegt und im Eckpunktepapier zum Zukunftsfinanzierungsgesetz angekündigt, soll der Anwendungsbereich des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (“eWpG“) auf elektronische Aktien ausgeweitet werden. Bislang konnten im Rahmen des eWpG lediglich Inhaberschuldverschreibungen und Investmentfonds-Anteilscheine elektronisch begeben werden. Durch die vorgeschlagenen Änderungen im eWpG und AktG soll dies zukünftig auch für Aktien möglich sein.

Aktiengesellschaften haben dann die Wahl, ob sie ihre Anteile als herkömmlich verbriefte oder als elektronische Aktien ausgeben. Dabei sollen Namensaktien künftig in beiden Formen elektronischer Wertpapiere nach dem eWpG begeben werden können, d.h. als Zentralregisterwertpapiere und als Kryptowertpapiere (§ 10 Abs. 6 AktG-E).

Inhaberaktien sollen in Fortschreibung der bestehenden Einschränkungen lediglich als Zentralregisterwertpapiere elektronisch begeben werden können (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG-E), da der Gesetzgeber für Inhaberaktien bei fehlendem Zentralregister eine Vielzahl gesellschafts- als auch geldwäscherechtlicher Fragestellungen befürchtet.

II. Einführung von Mehrstimmrechtsaktien
Durch Streichung des bisherigen Verbots von Mehrstimmrechten in § 12 Abs. 2 AktG sollen zukünftig Mehrstimmrechtsaktien die Beschaffung von Eigenkapital über den Kapitalmarkt attraktiver machen.

Insbesondere Start-ups und Wachstumsunternehmen soll durch die Sicherung von Einfluss und Kontrolle über die strategische Ausrichtung des Unternehmens somit die Scheu vor einem Börsengang genommen werden.

Die Modalitäten der Mehrstimmrechte sollen durch Einführung eines neuen § 134 Abs. 2 AktG-E geregelt werden, der unter anderem die Begrenzung der Mehrstimmrechte auf höchstens das Zehnfache des Stimmrechts nach § 134 Abs. 1 Satz 1 AktG und ein Erlöschen der Mehrstimmrechte nach spätestens zehn Jahren nach Börsennotierung der Gesellschaft („Sunset Clause“) vorsieht. Dabei soll jedoch – eine qualifizierte Kapitalmehrheit vorausgesetzt – eine satzungsmäßige Verlängerung von weiteren zehn Jahren möglich sein (§ 134 Abs. 2 Satz 5, 6 AktG-E).

III. Erleichterung von Kapitalerhöhungen
Darüber hinaus soll die Eigenkapitalgewinnung durch eine gesellschaftsrechtliche Erleichterung von Kapitalerhöhungen einfacher werden.

Hierzu sieht der Entwurf eine Erhöhung der Grenze für den vereinfachten Bezugsrechtsausschluss von bisher 10 Prozent des Grundkapitals auf 20 Prozent vor (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG-E).

Zudem sollen die Grenzen des bedingten Kapitals bei Unternehmenszusammenschlüssen sowie für Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung erhöht werden:

  • Bedingtes Kapital soll zukünftig bei Unternehmenszusammenschlüssen bis zu einer Grenze von 60 Prozent des Grundkapitals statt der bisherigen 50 Prozent möglich sein (§ 192 Abs. 3 Satz 1 AktG-E).
  • Die Grenze für Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung soll von 10 Prozent auf 20 Prozent erhöht werden (§ 192 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AktG-E).

Weiterhin sieht der Entwurf vor, dass Streitigkeiten über die Angemessenheit der Höhe des Ausgabebetrages bei Kapitalmaßnahmen gemäß § 255 AktG zukünftig nicht mehr im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens zuzulassen und stattdessen im Spruchverfahren zu entscheiden sein sollen (§ 255 Abs. 2 bis 6 AktG-E). Begründet wird dies mit dem Wunsch der Praxis, Kapitalerhöhungen möglichst zeitnah nach der Beschlussfassung eintragen zu können und wirksam werden zu lassen.

Der Entwurf ergänzt die Neuregelung zum Ausgabebetrag zudem um einen Absatz zur Wertbestimmung für börsennotierte Gesellschaften, wobei der Wert – einen durchgehenden und funktionierenden Preismechanismus vorausgesetzt – zukünftig ausdrücklich durch den durchschnittlichen Börsenkurs bestimmt wird (§ 255 Abs. 4 AktG-E).

IV. Einführung von SPACs
Um Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern, soll in einem neuen Abschnitt 4a-E des Börsengesetzes (“BörsG“) zukünftig die Special Purpose Acquisition Company (“SPAC“) als eine besondere Rechtsform der Aktiengesellschaft eingeführt werden. Die SPAC bezeichnet eine Mantelgesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft, die gegründet wird, um mittels eines Börsengangs Kapital einzusammeln und hiermit ein – vor dem Börsengang unbestimmtes – nicht-börsennotiertes Unternehmen zu übernehmen und so mittelbar an die Börse zu bringen. Vor diesem Hintergrund schlägt der Entwurf als zukünftige Rechtsformbezeichnung den Begriff der Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG) vor.

In dem neuen Abschnitt 4a BörsG-E sieht der Referentenentwurf sodann zahlreiche Sonderregelungen für die neue Rechtsform vor, die dem Aktienrecht gem. § 44 Abs. 7 BörsG-E vorgehen sollen. Davon umfasst sind beispielsweise die zwingende Voraussetzung, virtuelle Hauptversammlungen durch Satzungsregelung zu ermöglichen (§ 44 Abs. 4 Nr. 3 BörsG-E) und die zwingende Auflösung der Gesellschaft, wenn innerhalb einer satzungsmäßig bestimmten Frist keine Zieltransaktion erfolgt (§ 47b Abs. 1 BörsG-E).

V. Angleichung des Nachweisstichtages
Für die Hauptversammlungspraxis erfreulich ist ferner der Vorschlag zur Angleichung der Definition des in § 123 Abs. 4 Satz 2 AktG normierten Nachweisstichtages an die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212. Ein materieller Unterschied der Frist bestand durch den abweichenden Wortlaut bislang zwar nicht; die vorgeschlagene Anknüpfung an den „Geschäftsschluss des 22. Tages“ (statt bisher den „Beginn des 21. Tages“) vor der Hauptversammlung beseitigt jedoch die Gefahr von Missverständnissen und Erschwerungen bei den im Einklang mit den EU-Vorschriften anzugebenden Informationen im Rahmen der Mitteilung der Einberufung.

VI. Erleichterungen bei Börsengängen
Schließlich sieht der Entwurf vereinzelt Erleichterungen bei Börsengängen vor:

  • Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Kapitalmarktes soll der Mindestbetrag für die voraussichtliche Marktliquidität von 1,25 Mio. Euro auf 1 Mio. Euro herabgesetzt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BörsZulVO-E).
  • Daneben sollen Börsen zur Senkung der Zulassungskosten für Emittenten in der Börsenordnung zukünftig vorsehen können, dass die Zulassung in gewissen Segmenten auch vom Emittenten allein beantragt werden kann (§ 32 Abs. 2a BörsG-E).

VII. Ausblick
Der Referentenentwurf zum ZuFinG ist nunmehr in der Ressortabstimmung und soll nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens bereits 2024 in Kraft treten. Wir freuen uns, Sie natürlich auch weiterhin über die Entwicklungen des ZuFinG auf dem Laufenden zu halten!

 

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