Überblick
Beim Vertrieb von Investmentfonds und der Ausgestaltung der Fondsdokumentation sind Hinweise auf Widerrufsrechte zu beachten. Dies gilt nicht nur bei Publikumsfonds, sondern auch bei Spezialfonds, falls diese an „Verbraucher“ i.S.d. BGB vertrieben werden. Hierunter können neben Kleinanlegern vor allem auch semi-professionelle Anleger fallen. Während im Bereich der offenen Fonds das KAGB eine Spezialregelung enthält, greifen bei geschlossenen Fonds die allgemeinen Regelungen des BGB – die jedoch nicht für Investitionen in geschlossene Fonds passen. Der nachfolgende Artikel zeigt auf, welche Besonderheiten im Rahmen von Widerrufsrechten bei geschlossenen Fonds zu beachten sind und welche Risiken beim Fehlen bzw. einer fehlerhaften Belehrung drohen.
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Regelungen im KAGB gelten nur für offene Fonds
Das KAGB regelt Widerrufsrechte nur bei offenen Fonds. §305 KAGB gewährt dem Käufer von Anteilen oder Aktien eines offenen Investmentvermögens ein Widerrufsrecht binnen zwei Wochen, wenn der Kauf aufgrund mündlicher Verhandlungen außerhalb der Geschäftsräume des Verkäufers bzw. Vermittlers erfolgt ist. Die Frist beginnt erst mit der ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht. Gemäß 305 Abs. 4 KAGB erfolgt die Rückabwicklung jedoch zu dem Anteilpreis am Tag nach Eingang des Widerrufs, so dass zwischenzeitliche Wertveränderungen zu Gunsten bzw. zu Lasten des Anlegers gehen. Das gilt auch dann, wenn der Widerruf wegen einer versäumten Belehrung noch lange nach dem Anteilkauf erfolgen durfte. Zudem besteht das Widerrufsrecht nur für Verbraucher i.S.d. §13 BGB. Hierunter können insbesondere auch semi-professionelle Anleger fallen, sofern sie natürliche Personen sind, so dass die Vorschrift auch im Spezialfondsbereich beachtet werden sollte.
Für geschlossene Investmentvermögen verweist §305 Abs. 7 KAGB hingegen auf die (allgemeinen) Regelungen des BGB.
Informationspflichten und Verbraucher-Widerrufsrecht bei Beteiligung an geschlossenen Fonds
(Auch) die Zeichnung von Anteilen an geschlossenen Fonds wird mitunter im Wege des sog. „Fernabsatzes“ vereinbart. Hierunter fällt beispielsweise der Vertrieb von Fonds per Telefon oder E-Mail. Erfolgt die Zeichnung eines Fonds durch einen Verbraucher im Wege des Fernabsatzes oder auch außerhalb von Geschäftsräumen, ist der Verkäufer bzw. Vermittler verpflichtet, bestimmte Informationspflichten nach §§ 312d Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 246b EGBGB zu erfüllen.
Die Informationspflichten nach Art. 246b §§ 1,2 EGBGB bei Finanzdienstleistungen sind umfangreich. Hierzu gehören u.a. die Identität und die Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmers, wesentliche Merkmale der Finanzdienstleistung, Informationen über das Zustandekommen des Vertrages und den Gesamtpreis der Finanzdienstleistung. Hinzu kommen Information über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung. Der Verkäufer/Vermittler ist verpflichtet, diese dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung klar und verständlich und unter Angabe des geschäftlichen Zwecks zur Verfügung zu stellen.
Werden die Informationspflichten erfüllt, so steht dem Erwerber der Fondsanteile ein 14tägiges Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist beginnt nach Abschluss des Vertrages, der in diesem Kontext regelmäßig mit Aufnahme des Verbrauchers in den Fonds durch Annahme der Zeichnungsunterlagen vorliegt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn dem Erwerber der Fondsanteile zu diesem Zeitpunkt alle Informationen gem. Art. 246b §§1,2 EGBGB auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Brief, E-Mail, Telefax, USB-Stick) zur Verfügung gestellt worden sind. Werden die Informationspflichten hingegen nicht oder nicht vollständig erfüllt, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, mit der Folge, dass ein „ewiges Widerrufsrecht“ besteht, welches u. U. auch nach Jahren noch wirksam ausgeübt werden kann.
Muster-Widerrufsbelehrung nicht passend für geschlossene Fonds
Mit Anlage 3 zu Artikel 246b §2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB stellt der Gesetzgeber eine Muster-Widerrufsbelehrung zur Verfügung. Unternehmern (Fondsinitiatoren) steht es frei, die Muster-Widerrufsbelehrung zu verwenden oder andere Widerrufsbelehrungen zu nutzen. Sie tragen jedoch auch bei Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung das Risiko, dass diese Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht bzw. von einem Gericht nicht akzeptiert werden wird, sodass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wird und das „ewige Widerrufsrecht“ besteht.
Die Muster-Widerrufsbelehrung klärt u.a. über die Widerrufsfolgen auf: „Im Fall eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren.“ Die Muster-Widerrufsbelehrung bezieht sich also grundsätzlich auf vollständige Rückabwicklung bzw. Rückgewähr der empfangenen Leistungen und passt somit nicht zu den Widerrufsfolgen beim Erwerb von Anteilen geschlossener Fonds in Gesellschaftsform. Dort richtet sich nämlich die Rückabwicklung nach den sog. Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft.
Tritt der Anleger, wie bei einem geschlossenen Fonds üblich, als Gesellschafter (zB Kommanditist, „Limited Partner“) einer Gesellschaft bei, so kann die Beteiligung an dieser nicht rückwirkend aufgelöst bzw. rückgängig gemacht werden kann. Einem Anleger, der seinen Beitritt wirksam widerruft, steht damit nicht – wie durch die Muster-Widerrufsbelehrung angedeutet – die Rückgewähr seiner Einlage in der geleisteten Höhe zu. Vielmehr steht ihm nur ein Recht auf (außerordentliche) Kündigung des Gesellschaftsvertrags mit Wirkung für die Zukunft zu und damit auch nur ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben im Zeitpunkt seines Ausscheidens. Der widerrufende Gesellschafter ist also bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Gesellschafter mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Er partizipiert bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens an den Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft.
Diese Grundsätze können zur Folge haben, dass der widerrufende Verbraucher betragsmäßig deutlich schlechter steht als er stünde, wenn ihm tatsächlich seine geleistete Einlage zurückgezahlt werden müsste. Die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung macht diesen Umstand nicht deutlich. Der Gesetzgeber hat eine Klarstellung für den Erwerb von Fondsanteilen der genannten Art bisher nicht vorgenommen. Die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung ist also hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Widerruf einer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds in Gesellschaftsform unrichtig.
Empfehlung für die Ausgestaltung der Fondsdokumentation geschlossener Fonds
Wird bei der Fondsdokumentation geschlossener Fonds die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung verwendet, sollte demnach zur Minimierung von Risiken eine Abänderung erfolgen bzw. eine zusätzliche Erklärung eingefügt werden, die auf die besonderen Rechtsfolgen bei Fonds in Gesellschaftsform verweist. Vor allem sollte über das Risiko informiert werden, dass der Anleger im Falle des Widerrufs schlechter stehen kann, als dies der Fall wäre, wenn ihm seine geleistete Einlage zurückgezahlt würde. Andernfalls besteht das Risiko einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung mit der Folge des Bestehens eines „ewigen Widerrufsrechts“ für den Fondsanleger.